Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete oder -pacht bei Vermietung an nahe Angehörige
Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten oder Betriebsausgaben nur vollständig abziehbar, wenn keine verbilligte Vermietung vorliegt. Bei der Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken sieht das Gesetz folgende Differenzierung vor:
- Beträgt die Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, so gilt die Vermietung als entgeltlich und die Werbungskosten können in vollem Umfang abgezogen werden.
- Beträgt die Miete weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen mit der Folge, dass Werbungskosten nur anteilig (entsprechend der Entgeltlichkeitsquote) steuerlich geltend gemacht werden können.
Keine gesetzliche Vorgabe existiert bei der Überlassung z.B. für gewerbliche Zwecke. Auch in diesem Fall ist zu prüfen, ob eine teilentgeltliche Überlassung vorliegt. Das einheitliche Rechtsgeschäft ist dann für Zwecke der Besteuerung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen. Von einer teilentgeltlichen Nutzungsüberlassung geht die Rechtsprechung erst aus, wenn die vereinbarte Gegenleistung mehr als ein Viertel unter der ortsüblichen Marktmiete (oder Marktpacht) liegt. Eine Abweichung von bis zu einem Viertel ist dagegen steuerlich unbeachtlich
In Fällen, in denen sich vor Ort auf Grund der Besonderheiten des betroffenen Objekts keine vergleichbaren Objekte finden lassen, war bisher offen, wie die ortsübliche Miete bzw. Pacht zu ermitteln ist. Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 10.10.2018 (Aktenzeichen IX R 30/17) für Rechtsklarheit gesorgt.
Im Urteilsfall hatte die Stpfl. ein Grundstück mit historischem Gebäude umfangreich saniert und zum Betrieb einer Gaststätte u.a. an ihren Ehemann verpachtet. Das Finanzamt nahm nach Internet-Recherchen eine verbilligte Verpachtung an und kürzte die Werbungskosten entsprechend. Da sich auf Grund der Besonderheiten des Gebäudes keine vergleichbaren Objekte finden ließen, beauftragte das Finanzgericht einen Sachverständigen mit der Ermittlung der ortsüblichen Marktpacht. Dieser ermittelte einen für die Stpfl. nachteiligen Vergleichswert im Wesentlichen auf der Grundlage der an der Ertragskraft orientierten Pachtwertmethode (EOP-Methode). Diesen Bewertungsansatz verwarf der Bundesfinanzhof nun.
Die EOP-Methode stellt im Wesentlichen darauf ab, welche Pacht auf der Grundlage statistischer Annahmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vom Mieter oder Pächter im Durchschnitt erwirtschaftet werden kann und berücksichtigt nicht hinreichend die örtlichen Verhältnisse. Mit solchen Erwägungen könne der Markt aber allenfalls global abgebildet werden. Das Gesetz verlangt aber, auf den örtlichen Markt zu blicken. Diese Methode verlässt daher den rechtlichen Maßstab der Ortsüblichkeit und ist deshalb aus Rechtsgründen zu verwerfen. Der Bundesfinanzhof hat den Fall nun an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun die vereinbarte Pacht der ortsüblichen Marktpacht gegenüberstellen und Letztere von Amts wegen ermitteln. Dazu kann es ein Sachverständigengutachten einholen. Insoweit gibt es zwar keine rechtlichen Vorgaben, nach welcher Methode der Sachverständige vorgehen muss. Mit der EOP-Methode sei aber eine Grenze überschritten, da der Sachverständige damit letztlich etwas anderes ermittelt als die ortsübliche Marktmiete/-pacht.
Hinweis:
Der Bundesfinanzhof weist darauf hin, dass für die erneut vorzunehmende Schätzung der ortsüblichen Marktpacht die Mitwirkung eines ortskundigen, erfahrenen Sachverständigen oder Maklers genügt. Kann sich das Finanzgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen nicht die für eine Schätzung erforderliche Überzeugung bilden, geht dies zu Lasten des Finanzamts, das die objektive Beweislast zu tragen hat.
Handlungsempfehlung:
In Fällen der Wohnraumvermietung sollte der Stpfl. tunlichst Beweisvorsorge treffen, um belegen zu können, dass die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Im Zweifel sollte die vereinbarte Miete nicht zu knapp an diese Grenze heran festgesetzt werden.