Elektronische Registrierkassen: Bonpflicht, Anzeigepflichten
- a) Belegausgabepflicht (Bonpflicht)
Bekanntlich besteht seit dem 1.1.2020 eine Belegausgabepflicht, wenn aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle mit elektronischen oder computergestützten Kassensystemen oder Registrierkassen erfasst werden. Ein Beleg ist anlässlich jedes einzelnen Geschäftsvorfalls auszugeben. Der Beleg muss allerdings nicht in Papierform ausgegeben werden, ein elektronischer Beleg reicht aus. So werden am Markt Kassensysteme angeboten, bei denen sich der Kunde unmittelbar nach dem Zahlungsvorgang z.B. mittels des Smartphones einen Beleg abrufen kann. Falls ein Papierbeleg ausgegeben wird, so muss dieser dem am Geschäftsvorfall Beteiligten zur Entgegennahme angeboten werden. Eine Pflicht zur Annahme oder gar Aufbewahrung des Belegs durch den Kunden besteht nicht; verweigert dieser die Annahme, kann der Unternehmer den Beleg vernichten.
Das Gesetz sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die Finanzbehörden auf Antrag von der Belegausgabepflicht befreien können und zwar „aus Zumutbarkeitsgründen“ bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen.
Hinweis:
Diese Ausnahme ist beim für den Betrieb zuständigen Finanzamt zu beantragen. Abzuwarten bleibt, wie restriktiv die Finanzverwaltung diese Regelung auslegen wird.
Verstöße gegen die Verpflichtung zur Belegausgabe ziehen keine unmittelbaren Sanktionen nach sich. Möglich ist für die Finanzverwaltung aber die Durchsetzung der Pflicht zur Belegausgabe mittels Zwangsgeld. Auch könnten nachhaltige Verstöße gegen die Belegausgabepflicht verstärkt zu einer unangekündigten Kassen-Nachschau (Kassenprüfung) veranlassen.
- b) Meldung des Einsatzes von Kassensystem an das Finanzamt
Außerdem besteht eine Mitteilungspflicht über die Verwendung (und Außerbetriebnahme) von elektronischen Kassensysteme. Die Mitteilung muss vom Stpfl. an das zuständige Finanzamt erfolgen. Mitzuteilen sind Name und Steuernummer des Stpfl., Art der zertifizierten Sicherheitseinrichtung, Art, Anzahl und Seriennummern der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme, Datum der Anschaffung oder Datum der Außerbetriebnahme. Die Mitteilung hat innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erfolgen. Für die vor dem 1.1.2020 angeschafften elektronischen Aufzeichnungssysteme läuft die Mitteilungsfrist nach den gesetzlichen Vorgaben bis zum 31.1.2020.
Aktuell ist diese Mitteilungspflicht von der Finanzverwaltung allerdings ausgesetzt. Die Mitteilungspflicht soll erst dann einsetzen, wenn eine elektronische Übermittlungsmöglichkeit für die Mitteilung eingerichtet ist. Dies wird die Finanzverwaltung dann offiziell mitteilen.
Handlungsempfehlung:
Bei Einsatz von elektronischen Kassensystemen muss zwingend darauf geachtet werden, dass diese den Anforderungen der Finanzverwaltung genügen. Dies ist ausreichend zu dokumentieren. Insoweit ist die Verfahrensdokumentation von besonderer Bedeutung. Im Zweifel sollte dafür rechtzeitig steuerlicher Rat eingeholt werden.
- c) Gefahr der Zuschätzung bei gravierenden Kassenmängeln
Ein aktuelles Urteil des Finanzgericht Münster bestätigt die Gefahr von Gewinnhinzuschätzungen bei gravierenden Kassenführungsmängeln.
Im Streitfall ging es um den Betrieb eines Sushi-Restaurants. Der Stpfl. setzte in den Streitjahren eine elektronische Registrierkasse ein. Sie verfügte über ein proprietäres Kassensystem, also ein herstellereigenes Betriebssystem mit geschlossener Firmware. Die Registrierkasse war älterer Bauart. Auf ihr konnte der Stpfl. Fiskaljournaldaten für die Streitjahre nicht speichern. Die in der Kasse zunächst gespeicherten Daten wurden wegen begrenzter Speichermöglichkeiten (während der Streitjahre 2 Megabyte) überschrieben. Während der Stpfl. die von dieser Kasse am Ende des Geschäftstags ausgedruckten Tagesendsummenbons (Z-Bons) aufbewahrte, vernichtete er die von der Registrierkasse ebenfalls ausgedruckten Warengruppenberichte. Für unbare Kreditkarten- und EC-Karten-Umsätze verfügte er über ein entsprechendes Kartenlesegerät. Im Kassensystem fand aber keine Trennung der baren von den unbaren Einnahmen statt, weshalb sämtliche Einnahmen als Bareinnahmen ausgewiesen wurden. Der Stpfl. erfasste Tageseinnahmen in einem Kassenbuch, das er mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms erstellte.
Das Finanzamt führte beim Stpfl. eine Außenprüfung durch, die die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer für die Streitjahre betraf. Während der Außenprüfung überließ der Stpfl. dem Außenprüfer zwei Speisekarten, die dieser während des Streitzeitraums eingesetzt hatte. Der Außenprüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass die vom Stpfl. eingesetzte Kasse Aufzeichnungsmängel aufweisen würde, weil die erfassten Tageseinnahmen täglich gelöscht, der Stpfl. bis auf das Benutzerhandbuch weder Organisationsunterlagen noch die Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse habe vorlegen können und die Finanzwege nicht getrennt aufgezeichnet habe (also bar und unbar vereinnahmte Einnahmen jeweils nicht gesondert festgehalten habe). Wegen dieser Beanstandungen schätzte der Außenprüfer zusätzliche Betriebseinnahmen hinzu, indem er auf den Wareneinsatz des Stpfl. einen Rohgewinnaufschlagsatz nach der amtlichen Richtsatzsammlung anwandte.
Das Finanzgericht Münster bestätigte mit Urteil vom 20.12.2019 (Aktenzeichen 4 K 541/16 E, G, U, F) die vom Finanzamt vorgenommene Gewinnschätzung. Da vorliegend Bargeschäfte getätigt wurden, ist das Kassenbuch ein wesentlicher Teil der Buchführung. Damit können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen. Vorliegend führt das Gericht vor allem folgende Mängel auf:
- Ein gravierender Mangel wird bereits in der Führung des Kassenbuchs mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms Derartige Aufzeichnungen bieten mangels entsprechender Festschreibung keinerlei Gewähr für die fortlaufende, vollständige und richtige Erfassung aller Bargeschäfte ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht. Die Aufzeichnungen sind veränderbar, ohne dass die Veränderungen kenntlich gemacht werden.
- Auch der im Kassenbuch ausgewiesene Kassenbestand zum Geschäftsjahresende war nicht plausibel. Nach Aussagen des Stpfl. verblieb am Geschäftstagsende jeweils nur ein Wechselgeldbestand. Im Kassenbuch wurde dagegen ein sehr viel höherer Bestand ausgewiesen. Insoweit sei auch die sog. Kassensturzfähigkeit nicht gewährleistet gewesen.
Handlungsempfehlung:
Die Rechtsprechung hat zwar vielfach bestätigt, dass nicht bereits kleinere, sondern erst gravierende Mängel in der Kassenführung zu Hinzuschätzungen führen können. Die Wichtigkeit einer formal ordnungsgemäßen Kassenführung kann dennoch nicht oft genug betont werden. In der Praxis sollte bei bargeldintensiven Betrieben in regelmäßigen Abständen anhand einer Checkliste die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung überprüft werden.