Der BFH hatte über einen nicht selten vorkommenden Fall zu entscheiden: Im Urteilsfall erzielte der Stpfl. u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als angestellter Rechtsanwalt. Von seinen beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg erworbenen Rentenanwartschaften übertrug das Familiengericht im Rahmen der Scheidung von seiner Ehefrau im Streitjahr 2014 im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht nach Maßgabe der Satzung des Versorgungswerks.
Der Stpfl. nahm die ihm gemäß der Satzung des Versorgungswerks eingeräumte Möglichkeit wahr, seine durch den Versorgungsausgleich gekürzte Rentenanwartschaft durch eine ebenfalls in 2014 geleistete zusätzliche Zahlung i.H.v. 75 725,54 € um die Hälfte wieder aufzufüllen. Diesen Betrag machte er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, während das Finanzamt ihn als Beitrag zur Altersvorsorge (Sonderausgaben) wertete. Da der gesetzliche Höchstbetrag bereits in erheblichem Umfang durch laufende Altersvorsorgeaufwendungen in Anspruch genommen wurde, berücksichtigte das Finanzamt den Auffüllungsbetrag lediglich im Umfang von 5 074 € bei den Sonderausgaben. Hiergegen wandte sich der Stpfl. und machte insbesondere geltend, dass dem Beitragsbegriff bei den Sonderausgaben nur Leistungen zur Erlangung des Versicherungsschutzes unterfielen. Hierzu zähle die Wiederauffüllungszahlung nicht. Mit ihr werde lediglich die Kürzung einer bereits erlangten Anwartschaft vermieden.
Der BFH bestätigte nun mit Entscheidung vom 19.8.2021 (Az. X R 4/19) die Auffassung des Finanzamts. Es handele sich zwar bei den Zahlungen ihrer Rechtsnatur nach um vorweggenommene Werbungskosten, diese fallen aber unter die Regelung zum Abzug von Beiträgen zur Altersvorsorge als Sonderausgaben, welche insoweit vorrangig ist. Daher greift auch die betragsmäßig beschränkte steuerliche Abzugsfähigkeit. Dies betrifft alle Leistungen auf eine Altersvorsorge zur Erlangung des Versicherungsschutzes bzw. alle auf Grund von Gesetz oder Vertrag vom Stpfl. erbrachten Geldleistungen zu den begünstigten Versicherungen und dabei sowohl laufende Beiträge als auch Einmalbeiträge.
Handlungsempfehlung:
Im Ergebnis können damit Beiträge, die der Ausgleichsverpflichtete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, um eine Minderung seiner eigenen Rentenansprüche durch das Rentensplitting zu vermeiden, lediglich im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge als Sonderausgaben abgezogen werden, was im Regelfall nur eine begrenzte Berücksichtigung erlaubt. Ggf. kann eine Verteilung der Zahlungen auf mehrere Jahre vorgenommen werden.
Hinweis:
Die lediglich begrenzte steuerliche Abzugsfähigkeit kann zu einer grundsätzlich unzulässigen doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen führen. Diese kann nach der Rechtsprechung aber nicht bereits in der Beitrags- bzw. Ansparphase gerügt werden, sondern erst in den Veranlagungszeiträumen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden. Insofern müssen die geleisteten Beiträge und die steuerliche Berücksichtigung sorgfältig dokumentiert werden, um später in der Rentenphase ggf. eine unzulässige Doppelbesteuerung geltend zu machen.