Wird Anlagevermögen – meist in Form von Grundstücken –, das eine operativ tätige Gesellschaft für ihre gewerbliche Tätigkeit nutzt, nicht von dieser Gesellschaft selbst, sondern von einer separaten Vermögensverwaltungsgesellschaft gehalten, so handelt es sich insoweit im Grundsatz bei der Überlassung des Anlagevermögens um eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit, die z.B. nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Die Überlassung des Anlagevermögens an die operativ tätige Gesellschaft wird aber dann als gewerbliche Tätigkeit eingestuft, wenn unter folgenden Bedingungen eine sog. steuerliche Betriebsaufspaltung vorliegt:
- sachliche Verflechtung: Es muss mindestens eine für den Betrieb der operativ tätigen Gesellschaft (sog. Betriebsgesellschaft) wesentliche Betriebsgrundlage überlassen werden. Dies ist regelmäßig bei der Überlassung von Immobilien gegeben.
- personelle Verflechtung: Daneben muss eine personelle Verflechtung zwischen der Betriebsgesellschaft und dem verpachtenden Unternehmen (sog. Besitzgesellschaft) vorliegen. Dies ist dann gegeben, wenn ein Gesellschafter oder ggf. auch eine Personengruppe in beiden Unternehmen ihren Willen durchsetzen können.
Rechtsfolge bei Bestehen einer solchen steuerlichen Betriebsaufspaltung ist, dass das Besitzunternehmen auch gewerbliche Einkünfte erzielt, also der Gewerbesteuer unterliegt und etwaige Wertsteigerungen in den überlassenen Wirtschaftsgütern steuerlich erfasst werden. Problematisch ist insbesondere die Beendigung einer steuerlichen Betriebsaufspaltung durch Wegfall entweder der sachlichen oder der personellen Verflechtung, weil darin eine Betriebsaufgabe gesehen wird – mit der Folge der Versteuerung der stillen Reserven im Vermögen des Besitzunternehmens und der Anteile der Betriebsgesellschaft.
Der BFH hat nun mit Urteil v. 14.4.2021 (Az. X R 5/19) klargestellt:
- Die personelle Verflechtung verlangt – abgesehen vom Sonderfall der faktischen Beherrschung –, dass der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter auch in der Betriebskapitalgesellschaft die Stimmenmehrheit innehat und dort in der Lage ist, seinen Willen durchzusetzen; eine Beteiligung von exakt 50 % der Stimmen reicht nicht aus.
- Sind sowohl ein Elternteil als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist.
Im Urteilsfall drohte unbeabsichtigt eine Betriebsaufspaltung vorzuliegen. Der Fall stellte sich wie folgt dar:
- Ursprünglich lag offensichtlich eine Gestaltung entsprechend dem Wiesbadener Modell vor: V war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer im Baugewerbe tätigen GmbH und seine Ehefrau (Stpfl.) war Alleineigentümerin des mit einer Lagerhalle inkl. Büro- und Sozialtrakt sowie Garagen bebauten Grundstücks, welches an die GmbH verpachtet war. In einer solchen Konstellation wird keine steuerliche Betriebsaufspaltung gesehen.
- In 2010 verstarb V. Erben des V waren zu ½ seine Ehefrau und zu ¼ die beiden Söhne. Einer von ihnen war im Streitjahr noch minderjährig. Die Erbengemeinschaft blieb im Streitjahr ungeteilt. Mit Beschluss vom 7.6.2010 ordnete das Familiengericht eine Ergänzungspflegschaft für den noch minderjährigen Sohn an. Sie umfasste die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte und -pflichten des Sohnes in der GmbH.
- Am 17.6.2010 fasste die Gesellschaftsversammlung der GmbH den Beschluss, die Stpfl. zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der GmbH zu bestellen. Diesen Beschluss unterschrieb die Ergänzungspflegerin für den minderjährigen Sohn.
- Die am 13.7.2010 beim Handelsregister eingegangene Gesellschafterliste führte die Erbengemeinschaft als Gesellschafterin der GmbH auf. Die Stpfl. wurde am 14.7.2010 als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der GmbH in das Handelsregister, allerdings ohne Befreiung von den Beschränkungen nach § 181 BGB, eingetragen.
- Das Finanzamt sah nun eine Betriebsaufspaltung. Dieses war der Ansicht, dass mit der Bestellung der Stpfl. zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin neben der bereits bestehenden sachlichen Verflechtung auch eine personelle Verflechtung mit der GmbH eingetreten sei. Gegen ihren Willen habe sie als Geschäftsführerin nicht abberufen werden können.
Der BFH bestätigt dagegen, dass vorliegend keine personelle Verflechtung gegeben war. Die Stpfl. war zwar Alleineigentümerin des überlassenen Grundstücks, nicht aber in der Lage, auch in der GmbH ihren Willen durchzusetzen. Damit ein Gesellschafter eine GmbH beherrscht, ist es gesellschaftsrechtlich ausreichend – aber auch notwendig –, dass er über die Stimmrechtsmehrheit verfügt, die der Gesellschaftsvertrag für Gesellschafterbeschlüsse vorschreibt. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter ansonsten die laufende Geschäftsführung innehat (sog. Geschäfte des täglichen Lebens). Exakt 50 % der Stimmen reichen deshalb noch nicht aus.
Eine Beherrschung der GmbH ergab sich im Streitfall auch nicht daraus, dass die Stpfl. zugleich Geschäftsführerin der GmbH wurde und so die sog. Geschäfte des täglichen Lebens der Betriebsgesellschaft bestimmen konnte. Es fehlte die weiterhin notwendige Mehrheitsbeteiligung der Stpfl. an der GmbH.
Weiterhin stellt der BFH heraus, dass eine über ihren Stimmenanteil von 50 % hinausgehende Zurechnung der Stimmen des minderjährigen Kindes an die Stpfl. für ertragsteuerrechtliche Zwecke mangels gleichgelagerter wirtschaftlicher Interessen nicht vorgenommen werden konnte. Dem stand insbesondere entgegen, dass das Kind hinsichtlich der GmbH-Anteile durch die Ergänzungspflegerin vertreten wurde. Damit waren die Stimmrechte des Kindes im Verhältnis zur GmbH nicht mehr Teil der Vermögenssorge der Stpfl. Eine Vermutung gleichgerichteter Interessen bestand damit nicht.
Handlungsempfehlung:
Liegt eine steuerliche Betriebsaufspaltung vor, so kann dies weitreichende Folgen nach sich ziehen. Dabei sind bei der Prüfung des Vorliegens der personellen Verflechtung stets die zivilrechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles sehr genau zu beachten. In solchen Fällen sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden.