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Abzugsverbot für Schuldzinsen: Begrenzung auf Entnahmenüberschuss

Abzugsverbot für Schuldzinsen: Begrenzung auf Entnahmenüberschuss

Unter bestimmten Voraussetzungen sind betrieblich veranlasste Schuldzinsen vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen und damit sog. Überentnahmen vorliegen. Die Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot ergibt sich aus der Summe von Über- und Unterentnahmen während einer Totalperiode beginnend mit dem ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.1998 geendet hat bzw. bei späterer Betriebseröffnung ab Betriebsbeginn, bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr. Diese Regelung beruht auf der gesetzgeberischen Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Damit kommt es zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs für den Fall, dass der Stpfl. mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.

Mit dieser Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen bezweckt der Gesetzgeber Steuergestaltungen durch Zwei- und Mehrkontenmodelle, mit denen privat veranlasste und damit steuerlich nicht abzugsfähige Schuldzinsen in die betriebliche Sphäre verlagert werden, zu begegnen. Diese Regelung ist aber nach einhelliger Auffassung im Wortlaut zu weit geraten, weil bei ihrer mechanischen Anwendung bereits ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könnte.

Daher stellt der Bundesfinanzhof nun mit Urteil vom 14.3.2018 (Aktenzeichen X R 17/16) klar, dass beim Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen die Bemessungsgrundlage auf den periodenübergreifenden Entnahmenüberschuss zu begrenzen ist. Damit hat das Gericht ausdrücklich die Auffassung der Finanzverwaltung verworfen.

Im Streitfall führte der Stpfl. einen Kraftfahrzeughandel. Er erzielte in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne, teils Verluste, und tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Das Finanzamt versagte in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen vorgelegen hätten. Bei der Berechnung des Finanzamts kam es zu einer Verrechnung von Unterentnahmen mit in den Vorjahren unberücksichtigt gebliebenen Verlusten im Wege einer formlosen Verlustfortschreibung.

Der Bundesfinanzhof ist dem nicht gefolgt. Er führt aus, dass bei der Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen zwar in einem ersten Schritt auch Verluste in voller Höhe einfließen. Da der Verlust das für Entnahmen zur Verfügung stehende Kapital so aufzehre wie der Gewinn es mehre, sei es systemgerecht, ihn bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen einzubeziehen. Einer Verrechnung mit einem gesondert fortgeführten Verlust bedarf es nicht, da die Verluste in vollem Umfang in die Über- und Unterentnahmen der jeweiligen Jahre eingehen. In einem zweiten Schritt müsse die so ermittelte Bemessungsgrundlage im Wege der teleologischen Reduktion auf den von 1999 (Jahr der Einführung dieser Regelung) bis zum Beurteilungsjahr erzielten Entnahmenüberschuss und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen begrenzt werden. Das bedeutet, dass die als Bemessungsgrundlage für nicht abzugsfähige Schuldzinsen anzusetzende kumulierte Überentnahme nicht höher sein darf als die Entnahme der Totalperiode und auch nicht höher als die Differenz zwischen allen Entnahmen und Einlagen der Totalperiode. So wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für die Prüfung des Schuldzinsenabzugs nicht erhöht und damit der Gefahr vorgebeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann. Zudem wird der Verlust des aktuellen Jahres nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren. Dies kann für den Stpfl. in bestimmten Jahren günstiger, in anderen Jahren aber auch nachteiliger sein als der Verrechnungsmodus der Finanzverwaltung.

Hinweis:

Das Gericht weist darauf hin, dass, da es gleichgültig ist, in welchem Jahr innerhalb der Totalperiode Gewinne oder Verluste erzielt sowie Entnahmen oder Einlagen getätigt wurden, der Stpfl. zu einer vorausschauenden Planung seiner Entnahmen auch in Gewinnjahren veranlasst ist, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.

In Kürze wird zu dieser Rechtsprechung eine Stellungnahme der Finanzverwaltung erwartet.