Am 1.7.2021 traten im Bereich der Umsatzsteuer neue Bestimmungen in Kraft, welche unter anderem für Online-Shop-Betreiber, die Waren an Endkunden in mehreren verschiedenen Mitgliedstaaten liefern, deutliche Vereinfachungen brachten. Dieses sog. One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) ist aber auch für an Privatkunden im EU-Ausland leistende Handwerker relevant.
Erbringt ein Handwerker an Privatkunden im EU-Ausland Leistungen, so unterliegen diese im jeweiligen EU-Ausland der Umsatzsteuer. Im Grundsatz muss sich der Handwerker dann in diesen EU-Ländern umsatzsteuerlich registrieren und dort die umsatzsteuerlichen Pflichten erfüllen. Dies ist vergleichsweise aufwendig. Wahlweise kann nun auch das sog. One-Stop-Shop (OSS) genutzt werden. Die anfallenden ausländischen Umsatzsteuern können beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über den zentralen OSS angemeldet und abgeführt werden. Das Bundeszentralamt für Steuern wird die gemeldeten Umsätze und auch die vereinnahmte Umsatzsteuer im Anschluss an die jeweiligen EU-Staaten verteilen.
Beispiel:
Dachdecker D aus Aachen hat auch Privatkunden im benachbarten Belgien und in den Niederlanden, bei denen er Dächer neu eindeckt und repariert. Erbringt er Handwerkerleistungen an diese Privatkunden in Belgien bzw. den Niederlanden, so schuldet er die darauf anfallende Umsatzsteuer in Belgien bzw. den Niederlanden. Dabei ist der Umsatzsteuersatz dieser Länder anzuwenden. D muss sich in beiden Ländern für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren und dort die jeweiligen umsatzsteuerlichen Pflichten erfüllen.
Alternativ kann D diese Umsatzsteuer nun auch zentral über das Bundeszentralamt für Steuern anmelden und an dieses entrichten.
Für das One-Stop-Shop gelten folgende wesentliche Regelungen:
- Dieses Verfahren ist nicht verpflichtend, sondern die Umsatzsteuer kann auch wie bislang über das jeweilige EU-Land angemeldet und abgeführt werden. Das One-Stop-Shop über das Bundeszentralamt für Steuern ist aber im Grunde einfacher und kostengünstiger. Die Teilnahme am One-Stop-Shop gilt einheitlich für alle Mitgliedstaaten der EU.
- Die Teilnahme an dieser Sonderregelung muss beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt werden. Mit diesem Antrag gilt die Teilnahme dann ab Beginn des folgenden Quartals. Wenn die Teilnahme also im April 2022 beantragt wird, gilt dies für Leistungen ab 1.7.2022. Die Leistungen bis Juni 2022 müssten noch über das klassische Verfahren erfolgen.
- Im ersten Schritt muss eine Registrierung auf dem Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZStOnline-Portal) erfolgen.
- Für die Sonderregelung registrierte Unternehmer können im BZStOnline-Portal ihre Registrierungsdaten ändern, ihre Steuererklärungen übermitteln sowie sich vom Verfahren abmelden.
- Alle Formulare im Verfahren One-Stop-Shop sind auf Grund gesetzlicher Vorgaben an das Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu übermitteln. Die Steuererklärungen in diesem Verfahren sind jeweils für das Kalendervierteljahr abzugeben. Die Steuererklärung ist bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, elektronisch dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Die Steuererklärung ist somit zu übermitteln für das I. Kalendervierteljahr bis zum 30.4., das II. Kalendervierteljahr bis zum 31.7., usw. Auch wenn keine Umsätze im betreffenden Kalendervierteljahr ausgeführt wurden, ist eine Steuererklärung (sog. Nullmeldung) zu den angegebenen Terminen abzugeben.
- Die im Verfahren One-Stop-Shop erklärten Steuerbeträge müssen so rechtzeitig überwiesen werden, dass die Zahlung bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) folgt, bei der zuständigen Bundeskasse eingegangen ist.
Hinweis:
Zu beachten ist, dass über dieses Verfahren keine Vorsteuern aus dem EU-Ausland geltend gemacht werden können. Der Unternehmer kann Vorsteuern, die ihm für Vorleistungen in EU-Mitgliedstaaten in Rechnung gestellt werden, in denen er ausschließlich unter die Sonderregelung fallende Umsätze erbracht hat, vielmehr nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge in Zusammenhang mit diesen Umsätzen stehen. Die Vorsteuervergütung ist in dem Mitgliedstaat geltend zu machen, in dem die Vorsteuerbeträge angefallen sind.