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Einigung bei der Grundsteuer – Gesetzentwurf liegt vor


Einigung bei der Grundsteuer – Gesetzentwurf liegt vor

Bekanntlich hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10.4.2018 die Bewertungsregeln für das Grundvermögen für Zwecke der Grundsteuer für unvereinbar mit Art. 3 des Grundgesetzes erklärt. Die seit langem ausgebliebene Neubewertung – zuletzt erfolgte diese in den alten Bundesländern auf den 1.1.1964 – führe zu einer nicht mehr realitätsgerechten Abbildung der Wertverhältnisse. Dem Gesetzgeber hat das Bundesverfassungsgericht eine Frist zur Neuregelung spätestens bis zum 31.12.2019 gesetzt. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden.

Nun erfolgte auf politischer Ebene eine Einigung auf die zukünftige Ausgestaltung der Bewertung des Grundvermögens und es wurde auf dieser Basis ein Gesetzentwurf vorgelegt, der nun das Gesetzgebungsverfahren durchläuft und bis Ende dieses Jahres verkündet werden soll. Im Kern ist Folgendes vorgesehen:

  • Es wird im Grundsatz an der bestehenden wertabhängigen Bewertung des Grundvermögens festgehalten. Um eine wiederkehrende Bewertung der Grundsteuerobjekte zu gewährleisten, sollen die Grundlagen für ein weitgehend automatisiertes und damit zukunftsfähiges sowie einfach, transparent und nachvollziehbar ausgestaltetes Verwaltungsverfahren zur Erhebung der Grundsteuer geschaffen werden.
  • Die Bewertung wird deutlich pauschalierender vorgenommen und vorhandene Informationen sollen im Wege des elektronischen Informationsaustauschs genutzt werden, z.B. die von den Gutachterausschüssen festgestellten Bodenrichtwerte. Die pauschalierende Vorgehensweise zeigt sich z.B. darin, dass die bei der Bewertung im Ertragswertverfahren erforderlichen Mieten nicht für das einzelne Objekt individuell ermittelt, sondern fixe Werte für jeden einzelnen Hauptfeststellungszeitpunkt je Bundesland für jede einzelne Gebäudeart, Wohnflächen und Baujahre vorgegeben werden. Diese werden dann noch gemeindebezogen um pauschale Ab- oder Zuschläge korrigiert. Im Ergebnis soll dann mit wenigen Angaben des Grundstückseigentümers eine EDV-gestützte Wertermittlung ermöglicht werden.
  • Den Ländern wird – vorrangig auf Betreiben des Bundeslands Bayern – eine Öffnungsklausel an die Hand gegeben, so dass diese ein hiervon abweichendes, eigenständiges Bewertungsverfahren gesetzlich regeln können. So hat z.B. Bayern angekündigt, allein die Größe des Grundstücks der Bemessung der Grundsteuer zu Grunde legen zu wollen.
  • In zeitlicher Hinsicht ist vorgesehen, dass eine Ermittlung der Grundsteuerwerte nach den neuen Bewertungsregeln erstmals auf den 1.1.2022 als ersten Hauptfeststellungszeitpunkt erfolgen soll. Die neuen Grundsteuerwerte sollen für die Grundsteuer ab dem Jahr 2025 Anwendung finden.
  • Das Gesamtaufkommen der Grundsteuer soll sich nicht ändern. Selbstverständlich führt die Neubewertung dazu, dass sich bei einzelnen Grundstücken Wertveränderungen – im Vergleich zur bisherigen Wertermittlung – mit (deutlichen) Taxierungen nach oben, möglicherweise aber auch nach unten ergeben können. Um ein konstantes Gesamtaufkommen der Grundsteuer zu erreichen, muss ggf. eine Anpassung der Hebesätze der einzelnen Gemeinden Dies wird sich aber erst dann zeigen, wenn das neue Bewertungsverfahren tatsächlich angelaufen ist und die konkreten Auswirkungen sichtbar werden.
  • Weiterhin soll den Kommunen die Möglichkeit gegeben werden, unbebaute Grundstücke und ungenutzte Immobilien mit einer höheren Grundsteuer C zu belasten. Insoweit soll den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet werden, in Gebieten mit besonderem Wohnraumbedarf baureife Grundstücke als besondere Grundstücksgruppe innerhalb der unbebauten Grundstücke zu bestimmen und für diese einen gesonderten Hebesatz festzusetzen. Dies soll Kommunen helfen, „Bauland zu mobilisieren, ihre Baulücken leichter zu schließen, Spekulationen entgegenzuwirken und eine gute Stadtentwicklung zu betreiben“ – so die Gesetzesbegründung.

Hinweis:

Ob und in welcher Weise in einzelnen Bundesländern separate Bewertungsregeln geschaffen werden, bleibt abzuwarten. Absehbar ist jedenfalls, dass die erste Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 einen erheblichen Aufwand sowohl für die Grundstückseigentümer als auch insbesondere auf Seiten der Finanzverwaltung mit sich bringen wird. Es sind ca. 32 Millionen Grundstücke zu bewerten. Abzuwarten bleibt, ob es verwaltungsseitig gelingt, die aus verschiedenen Quellen im Grundsatz vorhandenen Daten EDV-gestützt bereitzustellen.

Im Einzelnen soll die Bewertung nach folgenden Grundsätzen erfolgen:

  • Der Wert unbebauter Grundstücke und der Bodenwert bebauter Grundstücke ist auf der Grundlage der von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte abgeleiteten Bodenrichtwerte zu ermitteln.
  • Bei der Bewertung der bebauten Grundstücke ist wie im geltenden Recht grundsätzlich ein typisiertes – vereinfachtes – Ertragswertverfahren als Regelverfahren (so zur Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken sowie Wohnungseigentum) und in bestimmten Ausnahmefällen ein typisiertes – vereinfachtes – Sachwertverfahren als Auffangverfahren anzuwenden. Die Bewertungsverfahren beschränken sich auf wenige – vom Stpfl. erklärbare – externe Eingangsdaten.
  • Anders als bei Wohngrundstücken werden für Geschäftsgrundstücke keine statistischen Daten erhoben, die für die Bewertung genutzt werden könnten. Daher soll die Bewertung solcher Grundstücke mittels des vereinfachten Sachwertverfahrens erfolgen, das für die Wertermittlung neben dem Bodenwert auf die gewöhnlichen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart abstellt.

Im Ertragswertverfahren – zum grundsätzlichen Aufbau s. die Tabelle unten – ist der auf den Bewertungsstichtag bezogene Barwert (Gegenwartswert) aller zukünftigen Reinerträge aus dem Grundstück zu ermitteln. Hierbei ist zu beachten, dass die Lebensdauer (Nutzungsdauer) eines Gebäudes – im Gegensatz zum Grund und Boden – begrenzt ist. Nach Ablauf der Restnutzungsdauer des Gebäudes verbleibt der Wert des Grund und Bodens als Restertrag. Im vereinfachten Ertragswertverfahren wird diesen Grundsätzen der Wertfindung Rechnung getragen, indem der vorläufige Ertragswert am Bewertungsstichtag aus dem

  • über die Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisierten jährlichen Reinertrag des Grundstücks (Reinerträge aus Grund und Boden sowie Gebäude – ohne vorherigen Abzug einer Bodenwertverzinsung)
  • zuzüglich des über die Restnutzungsdauer des Gebäudes abgezinsten Bodenwerts

ermittelt wird.

 

Berechnungsschritt

Erläuterung

 

jährlicher Rohertrag

Der Rohertrag wird nicht auf Basis der tatsächlich erzielten Mieten ermittelt. Vielmehr ergibt sich dieser aus der in der Anlage zum Gesetz nach Bundesland, Gebäudeart, Wohnungsgröße und Baujahr des Gebäudes angegebenen monatlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche einschließlich der in Abhängigkeit der Mietniveaustufen festgelegten Zu- und Abschläge.

nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten

Diese ergeben sich aus pauschalen Erfahrungssätzen, die in einer Anlage zum Gesetz festgelegt sind.

=

jährlicher Reinertrag

 

X

Vervielfältiger/Barwertfaktor

Die Liegenschaftszinssätze und die Nutzungsdauern je nach Grundstücksart sind gesetzlich festgelegt.

=

Barwert des Reinertrags

 

+

abgezinster Bodenwert

Zur Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts ist vom Bodenwert (Bodenrichtwert x Grundstücksfläche) auszugehen. Bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sind zur Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen beim Bodenwert gesetzlich festgelegte Umrechnungskoeffizienten anzuwenden.

=

Grundsteuerwert

 

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass für die Bewertung nur vergleichsweise wenige Informationen über das einzelne Grundstück erforderlich sind und die Bewertung ansonsten nach den gesetzlichen Vorgaben bzw. den Anlagen zum Gesetz vorgenommen werden kann. Es ist zu erwarten, dass kurzfristig Softwarelösungen bereitstehen werden, mit denen die Grundsteuerwerte vergleichsweise einfach ermittelt werden können. Auf diese Weise wird es dann auch möglich sein, die Auswirkungen der Neufeststellung der Grundsteuerwerte für den konkreten Fall abzuschätzen.

Ist der Grundbesitzwert für eine Immobilie bestimmt, so hängt die Grundsteuerbelastung noch von der Steuermesszahl und dem Grundsteuer-Hebesatz der Gemeinde ab. Aus der aktuell anstehenden Neubewertung ergeben sich gegenüber den seit 1935 bzw. 1964 nicht mehr aktualisierten Werten deutliche Wertsteigerungen. Um diese auszugleichen, wird die Steuermesszahl von 0,35 % auf 0,034 % gesenkt. Außerdem soll der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen weiter und zusätzlich, auch über die Grundsteuer, gefördert werden. Deshalb ist für Gesellschaften, die günstiges Wohnen ermöglichen, ein zusätzlicher Abschlag bei der Steuermesszahl um 25 % vorgesehen, der sich steuermindernd auswirkt.