Kosten für das Vorhalten einer Wohnung können als Werbungskosten abzugsfähig sein
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 1.6.2017 (Aktenzeichen 3 K 3278/14) entschieden, dass Aufwendungen für das Vorhalten einer (ungenutzten) Wohnung als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn das Vorhalten ausschließlich aus beruflichen Gründen erfolgt. Bei der Prüfung, ob private Gründe für das Vorhalten der Wohnung keine Rolle gespielt haben, ist allerdings ein strenger Maßstab anzulegen.
Die Stpfl. arbeitete seit 1998 in einer Großstadt mit starkem Wohnungsmangel und bewohnte dort eine 2,5-Zimmer-Wohnung mit 65 qm. Nach der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2010 beantragte sie Elternzeit und zog zu ihrem Lebensgefährten in eine andere Stadt. Die bisherige Wohnung behielt sie jedoch bei, da Auszug, spätere Wohnungssuche und erneuter Einzug mit erheblichem finanziellem wie organisatorischem Aufwand verbunden gewesen wären. Ein Zimmer vermietete sie unter, um die Kosten gering zu halten. In dem nicht untervermieteten Zimmer hatte sie weiterhin ihre Möbel stehen, war jedoch nur etwa 2 Tage pro Monat dort wegen eines noch abzuschließenden, von ihr betreuten Forschungsprojekts. Ursprünglich sollte der Familienwohnsitz mit dem Kind am Arbeitsort des Lebensgefährten bleiben und die Stpfl. nach dem Ende der Elternzeit wieder auf ihrer Vollzeitstelle in der Großstadt arbeiten. Inzwischen taten sich für die Stpfl. jedoch andere berufliche Möglichkeiten auf, so dass der ursprüngliche Plan, die frühere Arbeit wieder aufzunehmen, von ihr aufgegeben wurde. Stattdessen schloss sie am 28.3.2012 anderenorts einen Arbeitsvertrag zum 1.4.2012 und kündigte am 22.4.2012 die Wohnung in der Großstadt. Kurz vor Ablauf der Elternzeit kündigte sie auch ihr früheres Arbeitsverhältnis. Für die Wohnung in der Großstadt wendete die Stpfl. im Streitjahr 2011 5 563,30 € auf, wobei in diesem Betrag die Einnahmen aus der Untervermietung bereits mindernd berücksichtigt waren. Das Finanzamt versagte den Abzug dieses Betrags als Werbungskosten. Unterkunftskosten wären grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung. Eine doppelte Haushaltsführung hätte nicht vorgelegen.
Das Finanzgericht ließ dagegen den Werbungskostenabzug zu. Die Aufwendungen für das Vorhalten der Wohnung waren zwar keine Kosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung, da die Stpfl. in dieser Wohnung im Streitzeitraum gar keinen Haushalt geführt, sich kaum darin aufgehalten hat. Sie waren jedoch als Werbungskosten anderer Art abziehbar. Das Gericht war in tatsächlicher Hinsicht davon überzeugt, dass das Vorhalten der Wohnung ausschließlich aus beruflichen Gründen erfolgte und denkbare andere – also private – Gründe entweder gar nicht oder allenfalls völlig geringfügig und untergeordnet vorlagen.
Entscheidend für das Gericht war zum einen der Umstand, dass die Stpfl. am bisherigen Wohnort nicht lediglich eine vage Aussicht auf ein Arbeitsverhältnis hatte oder gar nur die Absicht, sich dort zu bewerben, sondern ein unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis, lediglich unterbrochen durch Mutterschutzzeit und Elternzeit, vorlag. Die Stpfl. hätte daher ohne Weiteres nach Ende der Elternzeit in der Großstadt wieder arbeiten können. Ab dann hätte auch gar kein Zweifel bestanden, dass mit der Familienwohnung eine doppelte Haushaltsführung am Beschäftigungsort in der Großstadt vorgelegen hätte (Wegverlegungsfall).
Zum anderen war für das Gericht besonders bedeutsam, dass die Kündigung der (vorgehaltenen) Wohnung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses und damit der beruflichen Umorientierung der Stpfl. erfolgt war.
Handlungsempfehlung:
Im konkreten Fall ist also sorgfältig nachzuweisen, dass das Vorhalten der Wohnung ganz oder zumindest nahezu ausschließlich beruflich bedingt ist. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation des Geschehensablaufs.