Beendigung einer steuerlichen Betriebsaufspaltung: Verpächterwahlrecht ermöglicht in manchen Fällen das Hinausschieben der Betriebsaufgabe
Der Rechtsformgestaltung „Betriebsaufspaltung“ kommt in der Praxis eine außerordentlich hohe Bedeutung zu. Begrifflich wird dann von einer Betriebsaufspaltung gesprochen, wenn betriebliche Funktionen, die von einem Unternehmen wahrgenommen werden können, auf zwei oder mehrere rechtlich selbständige Rechtsträger aufgeteilt werden und hinter diesen Rechtsträgern die gleichen Personen stehen. Eine solche Konstellation wird insbesondere aus Haftungsgründen gewählt, da hierbei die Haftungsmasse des operativ tätigen und damit risikobehafteten Betriebsunternehmens dadurch gemindert wird, indem das wertvolle Anlagevermögen rechtlich separat gehalten wird.
Voraussetzung für das Vorliegen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung ist eine personelle und sachliche Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft. Eine personelle Verflechtung ist dann gegeben, wenn die Personen, die hinter den beiden Unternehmen stehen, auf diese einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen ausüben können, welcher im Zweifel dann vorliegt, wenn in beiden Unternehmen eine Willensdurchsetzung mittels Stimmenmehrheit erfolgen kann. Eine sachliche Verflechtung ist dann gegeben, wenn das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft mindestens eine für diese wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Dies kann z.B. ein betrieblich genutztes Grundstück sein.
Liegt eine steuerliche Betriebsaufspaltung vor, so hat dies insbesondere zur Folge, dass die an sich vermögensverwaltend tätige Besitzgesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Dies bedeutet auch, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter bei der Besitzgesellschaft als Betriebsvermögen steuerlich verhaftet sind und mithin Wertsteigerungen insoweit bei deren späterer Realisierung der Besteuerung unterliegen. Auch die Anteile an der Betriebsgesellschaft zählen zum steuerlichen Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft.
Problematisch ist nun, dass bei Wegfall der personellen Verflechtung grundsätzlich eine Betriebsaufgabe gegeben ist mit der Folge, dass die stillen Reserven im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens einschließlich der Anteile an der Betriebsgesellschaft aufzudecken und zu versteuern sind. So lag auch der Urteilsfall, über den der Bundesfinanzhof zu entscheiden hatte. Konkret ging es um – verkürzt dargestellt – folgenden Fall:
- J und sein Sohn U waren Gesellschafter der P-GbR, an der sie jeweils hälftig beteiligt waren. Die P-GbR vermietete seit 1.5.2002 ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude zur betrieblichen Nutzung an die P-GmbH. Das Grundstück befand sich im Bruchteilseigentum der Gesellschafter J und U, wurde steuerlich also dem Sonderbetriebsvermögen der GbR zugerechnet.
- An der P-GmbH waren J zu 48,8 % und U zu 51,2 % beteiligt. Die P-GmbH handelte mit Textilien, die von ihrer ausländischen Tochtergesellschaft P-Srl hergestellt wurden.
- Zum 30.1.2008 übertrug J seinen Anteil an der P-GmbH unentgeltlich auf U.
- Ende 2008 errichteten J und U eine GmbH & Co. KG, in die die Anteile an der P-GbR eingebracht wurden, so dass das Grundstück, welches bislang von J und U gehalten und über die P-GbR vermietet wurde, in das Eigentum der GmbH & Co. KG überging.
- Das Finanzamt vertrat nun die Auffassung, dass die Betriebsaufspaltung zwischen der P-GbR und der P-GmbH zum 30.1.2008 wegen Wegfalls der personellen Verflechtung geendet habe. Dadurch sei es zu einer Betriebsaufgabe für die P-GbR gekommen, die zu einem Aufgabegewinn in Höhe der stillen Reserven in den Anteilen an der P-GmbH von 50 000 € und der stillen Reserven des Grundstücks von 57 626 € geführt habe.
Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 17.4.2019 (Aktenzeichen IV R 12/16) das Vorliegen einer Betriebsaufgabe bei der P-GbR verneint. Insoweit war entscheidend:
- Die P-GbR hat im Streitjahr 2008 bis zu deren Übergang auf die neu gegründete GmbH & Co. KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Die auf die Vermietung des Grundstücks beschränkte Tätigkeit der GbR war bis zum 30.1.2008 infolge einer Betriebsaufspaltung zwischen der P-GbR und der P-GmbH als Gewerbebetrieb anzusehen.
- Allerdings hat die Betriebsaufspaltung am 30.1.2008 geendet. Nur bis zur Übertragung der Gesellschaftsanteile an der P-GmbH auf U am 30.1.2008 bestand eine personelle Verflechtung, denn nach diesem Zeitpunkt konnte alleine U in der P-GmbH seinen Willen durchsetzen.
- Das Ende der Betriebsaufspaltung hat nicht zu einer Betriebsaufgabe geführt, weil die P-GbR ihren Gewerbebetrieb nach den Grundsätzen der Betriebsverpachtung fortgeführt hat. Dementsprechend ist bei der P-GbR zum einen kein Aufgabegewinn entstanden, und zum anderen hat die P-GbR weiterhin bis zu ihrem Untergang durch die Anteilsvereinigung gewerbliche Einkünfte erzielt.
Mit Beendigung einer steuerlichen Betriebsaufspaltung kann also eine Betriebsaufgabe mit Versteuerung der stillen Reserven vermieden werden, wenn die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung im Ganzen vorliegen und keine Betriebsaufgabe erklärt wird. Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen reicht es für eine gewerbliche Betriebsverpachtung aus, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden. Wird lediglich ein Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet, so liegt nur dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Für Groß- und Einzelhandelsunternehmen wird nach der neueren Rechtsprechung angenommen, dass die gewerblich genutzten Räume regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden und dem Gewerbe das Gepräge geben – anders als etwa bei dem produzierenden Gewerbe. Dies war vorliegend gegeben. Mit der Einbringung des Vermögens der GbR in die neu gegründete GmbH & Co. KG lag steuerliches Betriebsvermögen auf Grund gewerblicher Prägung vor.
Hinweis:
Dies verdeutlicht, dass in bestimmten Fällen auch steuerliche Betriebsaufspaltungen ohne Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven beendet werden können. Solche Fälle sind allerdings steuerlich hochsensibel und bedürfen zwingend eingehender steuerlicher Beratung.